Das bedeutet, dass es gefährlich wird wenn eine einzelne Technik aus dem Kontext gerissen wird. Bsp. Halbe Schläge. Soweit ich das sehen kann, haben Du und ich einen ganz ähnlichen OR geprägten Background. Da ist es sogar von Vorteil wenn die halben Schläge leicht zu verschieben sind. Denn sollten sie sich mal "festfressen" (was bei korrekter Ausführung eher der Fall ist, als dass sie rutschen) so verschieben wir sie entgegen der Fesselrichtung und schwups, sind sie offen. Mit anderen Worten: Wenn unser Mädel im Seil ein Problem hat, holen wir sie da flink raus ohne zu schneiden. Wer weiss auf welche Art die Schläge sicher schließen (und das ist leider oft nicht der Fall) - nämlich HORIZONTAL und nicht nach oben oder unten, dem kanns herzlich egal sein aus welcher Richtung sie kommen.
Jetzt liest das hier einer und denkt: Ja, sagenhaft. Dann mach ich das auch so und springt rüber zu seinem Bambus. Autsch. Da kann das mächtig in die Hose gehen, weil der Bambus eine viel breitere Auflagefläche hat und die Lagen automatisch gesplittet werden. Daher tendieren die Fessler, die eher aus der Nurekischule kommen (Naka, Wildties, usw.) dazu das Seil auf die Art zu sichern, die Tenyo vorher im Thread gezeigt hat. Und da macht das auch Sinn. Mal abgesehen davon, dass da noch ganz andere Dinge dahinter stecken:
Wer eher OR geprägt fesselt und sich da tiefer drin bewegt, fesselt oft (nicht immer und alle) mit - nennen wir es mal vorsichtig - einer größeren Portion Seilfetisch. Wir brechen gerade Linien gerne durch halbe Schläge usw... Bitte nicht falsch verstehen liebe Naka-Fans, das bedeutet nicht dass ihr unsauber fesselt. Das bedeutet auch nicht, dass ich nicht aufs Modell schaue. Ganz im Gegenteil. Aber durch die gerade - ungebrochene Führung der Suspension-Lines vom Bambus, konisch auf das Modell zu, steht bei Euch das Modell oft viel mehr im Vordergrund, als wenn die Seile vom Modell weg auf einen shiny Ring hin zeigen. Dafür ist das Fesseln am Bambus deutlich weniger progressiv und eindimensionaler. Hat eben alles Vor- und Nachteile, es gibt da kein besser oder schlechter, sondern nur ein anders.
Mit anderen Worten ... hinter den unterschiedlichen Fesselarten und Techniken steckt viel mehr Tiefgang als sich hier erklären lässt. Und viele Techniken sind aus bestimmten Gründen heraus über Jahre gewachsen. Die sollte man kennen bevor man sie anwendet oder wild mixt. Es ist auch wenig hilfreich alle Knoten aus seinem Pfadfinder-Handbuch auswendig zu lernen, da diese Knoten alle von Pfadfindern für Pfadfinder entwickelt wurden und nicht fürs Shibari. Das selbe gilt für Klettern und Segeln.
Und zum Eichhörnchen ... jeder hat einen eigenen Flow. Ich habe was verschiedene Techniken angeht eine Art Muscle-Memory entwickelt. Die kann ich sozusagen blind, weil ich sie jeden Tag praktiziere, mit anderen übe usw. Wenn jetzt jemand kommt und mich zwingt eine andere Technik anzuwenden, kann es sein, dass das für das Modell deutlich gefährlicher ist - obwohl die Technik selbst vielleicht stabiler wäre - als wenn man mich in meinem Flow lässt, in meiner vertrauten Umgebung. Darüber hinaus, ist zu beachten, dass alles was ich wo fest mache - auch wieder abmachen muss. Wenn ich also darauf setze, dass eine Fesselung die nächste Jahrhundertwende erlebt, muss ich damit rechnen, dass ich ein Messer brauche wenn sie oder er da schnell raus muss. Ich persönlich lege zwar Wert auf Stabilität und Sicherheit, aber auch auf einen schmalen Grad hin zu einer Lebendigkeit und "Luft zum Atmen" in der Fesselung oder Gesamtkonstruktion.
Ich hoffe das erklärt meine persönliche Denkweise etwas besser, ist nicht so einfach das in Worte zu fassen.
Lg