Update
Ich habe inzwischen etwas mehr recherchiert und bin jedenfalls für die Schweiz zum folgendem Ergebnis gekommen:
1. Shibari fällt m.E. durchaus in den Deckungsbereich der klassischen Privathaftpflichtversicherung (PHV). Die Schwierigkeit besteht darin, hierfür eine explizite Bestätigung zu finden, denn ein Versicherer wird sich -- ohne entsprechende Kenntnis der Thematik und entsprechendem statistischen Material -- nicht pauschal zu einer Deckung äussern.
2. Äussern wird er sich allenfalls dazu, ob bestimmte Tätigkeiten klar ausgenommen sind, wie z.B. bei einigen PHV sog. "Extremsportarten" ausgenommen sind (wie Canyoning, Bergrennen mit Velos, etc.), wobei diese Aufzählung nicht abschliessend ist. Der Ausschluss von Extremsportarten ist deshalb relevant, weil jedenfalls in der Schweiz die Deckung in der PHV primär in der Eigenschaft des Versicherungsnehmers als "Sportler" zu suchen ist (wobei Sport i.d.R. als "Sport- und Spiel" verstanden wird, auch wenn ich der Meinung bin, Shibari kann durchaus als Sport bezeichnet werden). Hierbei ist zu beachten, dass z.B. Kampfsportarten wie Boxen durchaus versichert sind im Rahmen von PHV, obwohl m.E. hier gefühlt ebenso hohe Risiken bestehen wie bei Shibari. Ich bin derzeit daran zu versuchen, von Versicherungen eine klare Aussage zu bekommen, dass Shibari eine seltene Sportart, aber grundsätzlich keine Extremsportart ist (wovon ich selbst überzeugt bin).
3. Gewisse PHV formulieren einen Ausschluss für alle Tätigkeiten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem (haftpflichtrelevanten) Schaden führen. Nach meiner Einschätzung fällt Shibari, sauber praktiziert, auch nicht unter diesen Ausschluss.
4. Gewisse PHV schliessen Schäden aus, die der Versicherte "in Kauf genommen" hat. Für den Juristen ist dies dann gem. herrschender Auffassung in der Schweiz gegeben, wenn er den Schaden für möglich hält und ihn in Kauf nimmt, d.h. ihn billigt, sich damit abfindet. Für den Juristen ist dies eine Form des Vorsatzes ("Eventualvorsatz") und nicht versichert. Ich bin aber nicht der Meinung, dass ein Rigger, der fesselt, einen Schaden in Kauf nimmt, ebensowenig, wie der Skifahrer in Kauf nimmt, auf der Piste in eine andere Person zu fahren und diese zu verletzen. Gerade noch kein Eventualvorsatz ist im Schweizer Recht die bewusste Fahrlässigkeit: Ich weiss, dass ich mich möglicherweise schlampig verhalte, sage mir aber "es wird schon nichts passieren" wenn ich den TK jetzt noch zehn Minuten länger dran lasse (obwohl ich ihn sorgfältigerweise abbinden müsste).
5. Das Hauptproblem ist, dass die meisten Versicherer (ich habe mit mehreren Personen an den entsprechenden Stellen) keine Datenlage oder kein Wissen zu diesem Thema haben, es also auch nicht einschätzen können. Hier wäre es vielleicht gut, wenn jemand hier mitliest, der bei einem Anbieter von PHV arbeitet und sich an der Arbeit als Shibari-Anhänger outen kann dieses Thema vielleicht mal aufnehmen kann. Er darf sich gerne bei mir melden (müsste in der Schweiz sein, da Versicherungen national sind). Es wäre auch spannend zu erfahren, ob es statistische Untersuchungen zu Shibari-Unfällen gibt, mit denen den Versicherern mehr Komfort gegeben werden kann. Ich kann mir z.B. gut vorstellen, dass Skifahren zu mehr Unfällen (mit Haftpflicht oder Unfallversicherungskosten) führt als Shibari. Aber eine positive Aussage zur Deckung von Shibari zu machen, braucht Wissen, dass die meisten PHV nicht haben (oder sich nicht dafür interessieren, weil der Markt für sie auf den ersten Blick uninteressant ist), wie mein erster Ausdruck ist.
6. Was immer ausgeschlossen ist in PHV, ist die Deckung bei vorsätzliche Begehung eines Verbrechens oder Vergehens, was auch die Körperverletzung einschliesst. Da ist also sowieso kein Schutz zu bekommen (vgl. aber meine Ausführungen zum Eventualvorsatz). Was sich aber in der Regel ohne Weiteres versichern lässt sind die Folgen von grober Fahrlässigkeit (durch einen Verzicht des Versicherers auf Regressforderungen, was diese regelmässig gegen Aufpreis tun). Da stellt sich auch in der Regel das grösste Problem. Bei leichter Fahrlässigkeit lässt sich die Haftung immerhin auch durch Absprache ausschliessen, auch wenn das eher selten gemacht wird. Zudem lässt sich die betroffene Person im Falle von Shibari-Unfällen freiwillig auf das Risiko ein (was z.B. weniger der Fall ist beim Unfall auf der Skipiste, wo zwischen Schädiger und Opfer keine Beziehung besteht). Die Risiken sind für die Versicherer also letztlich begrenzt, und es geht vor allem um das psychologische Problem bzw. die Unbekanntheit von Shibari.
7. Wenn eine herkömmliche PHV genügt, dann ist das eine relativ günstige Angelegenheit: Eine weltweite Deckung von CHF 5 Mio. ist in der Schweiz bereits für CHF 70 zu haben.
8. Eine andere, ebenfalls interessante Frage ist die Haftung des Betreibers bzw. Eigentümers des Orts, an welchem Suspensions betrieben werden und welcher den Hängepunkt zur Verfügung stellt, sollte dieser nicht halten und dadurch ein Schaden entstehen. Hier kann die sog. Werkeigentümerhaftung greifen ("Der Eigentümer eines Gebäudes oder eines andern Werkes hat den Schaden zu ersetzen, den diese infolge von fehlerhafter Anlage oder Herstellung oder von mangelhafter Unterhaltung verursachen."). Ein Suspension-Point ist, wenn mit dem Gebäude fest verbunden, Teil des Gebäudes.
Ich bleibe weiterhin am Ball und informiere hier gerne, wenn ich mehr herausgefunden habe ... und wie gesagt: Wenn hier jemand bei einem Haftpflichtversicherer in der Schweiz arbeitet und mich allenfalls unterstützen kann beim Finden einer Lösung -- bitte melde Dich!
-acqua